Autor:
Ingo Zwank
„Elefantengras“, eine schnell wachsende, vielseitige Pflanze mit Potenzial für Luxemburgs Bauwirtschaft? „Auf jeden Fall“, sagt Carlo Posing überzeugt über Miscanthus giganteus.
Carlo Posing steht vor der Miscanthuswand in seinem Lager.
Kurz vor der „Ernte“ dominieren die hellen, schilfähnlichen Gräser das Landschaftsbild am Kranzenhaff bei Hoesdorf: Miscanthus giganteus. Im Inneren seiner Halle steht Carlo Posing vor einem riesigen Berg Miscanthus-Häcksel. Der Luxemburger Unternehmer beschäftigt sich seit Jahren mit dem Anbau und der Vermarktung der Pflanze – auch bekannt als Elefantengras – in Luxemburg.
Seit Mitte der 1980er Jahre wird Miscanthus im Bereich Biomasse eingesetzt: als fester Brennstoff, Mulch, Tierstreu oder sogar für Papier – und wie bei Carlo Posing auch im Bauwesen. Mit verschiedenen Pilotbauprojekten hat er bereits wertvolle Erfahrungen gesammelt – mit Miscanthus-Kalksteinen (u.a. mit der Firma Contern SA).
Verwendung von Miscanthus
– Zuschlagstoff für Leichtbeton, Putz und Estrich
– Dach- und Einblasdämmung
– Fenster- und Türrahmen
– Spanplatten
– Reet-Ersatz für Dachdeckung
Die ursprünglich aus Japan stammende Pflanze ist eine mehrjährige Grasart, die 1935 in Dänemark eingeführt und später in vielen europäischen Ländern angebaut wurde. Heute ist die Pflanze – umgangssprachlich Elefantengras – auch im Landschafts- und Gartenbau gefragt.
Posing, der ursprünglich in der IT tätig war, suchte zunächst lediglich nach einer Alternative zur Beheizung seines Büros. „So bin ich auf Miscanthus gestoßen – eine ertragreiche, robuste und klimafreundliche Pflanze“, erklärt er.
Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen wird bei der Verbrennung von Miscanthus nur so viel CO₂ freigesetzt, wie die Pflanze während ihres Wachstums aufgenommen hat. Wie Mais hat sie einen effizienten CO₂-Stoffwechsel und ist eine sogenannte C4-Pflanze.
Unter idealen Bedingungen wächst das Gras acht Zentimeter pro Tag und wird bis zu vier Meter hoch. Als Dauerkultur liefert Miscanthus ab dem dritten Jahr regelmäßige Erträge – und das für fast 30 Jahre, so Posing. Der Ertrag ist beeindruckend: Ein Hektar liefert 15 bis 25 Tonnen Trockenmasse und spart bis zu 30 Tonnen CO₂ – das entspricht rund 8.000 Litern Heizöl. Ein großer Vorteil: Miscanthus breitet sich nicht unkontrolliert aus, sondern vermehrt sich durch Wurzeltrieb.
In Luxemburg wird Miscanthus derzeit auf rund 80 Hektar von etwa einem Dutzend Landwirten angebaut. Posing selbst bewirtschaftet drei Hektar.
Im Automobilbereich findet Elefantengras Verwendung in Lenkrädern, leichten LKW-Paneelen und Ölbindern. In der Zellstoffindustrie wird es für Papier, Karton und Verpackungen genutzt. Auch als Futtermittelzusatz für Rinder ist es geeignet.
Als Einstreu bietet Miscanthus zahlreiche ökologische Vorteile. Es ist kompostierbar und besitzt eine hohe Saugfähigkeit (der schwammartige Kern kann bis zu einen Liter Flüssigkeit pro Liter Einstreu aufnehmen), wodurch Gerüche und Ammoniak neutralisiert und Ställe frisch gehalten werden.
„Als natürlicher Roh- und Faserstoff eignet sich die Pflanze hervorragend für den Bau“, analysiert Posing.
Er nutzte sie unter anderem für den Bau seines Lagers in Hoesdorf. Auch andere Gebäude in der Großregion wurden bereits mit ihr errichtet.
Miscanthus überzeugt als biologischer Baustoff nicht nur durch schnelles Wachstum und Verfügbarkeit, sondern auch durch seine Porosität. Die Pflanzenteile enthalten Luftkammern, die sie ideal für Dämmzwecke machen.
Posing forscht seit 20 Jahren zum ökologischen Bauen mit Miscanthus. Zusammen mit Wasser und Kalk entsteht aus Miscanthus-Häckseln ein „grüner Beton“ mit überzeugenden Eigenschaften.
Eingesetzt in Dämmplatten, Biobeton und Biokunststoffen bietet diese ökologische Lösung Nachhaltigkeit und Leistung. Posing hat bereits mehrere Gebäude in Luxemburg (z.B. in Lorentzweiler und Ettelbruck) gebaut, um die Vorteile von Ökobeton gegenüber konventionellen Baustoffen zu demonstrieren.
„Selbst das Hochwasser in Ettelbruck war für diese Gebäude kein Problem“, berichtet Posing stolz.
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen die Miscanthus-Häcksel mit einem wasserabweisenden Bindemittel wie Kalk vorbehandelt werden. So bleibt die Dämmwirkung erhalten.
Die Mischung lässt sich als „Spritzputz“ auftragen – schon eine zwei Zentimeter dicke Schicht erreicht hervorragende Dämmwerte, wie wissenschaftliche Studien zeigen.
Miscanthus liefert für bis zu 30 Jahre hohe Biomasse-Erträge. Das schilfähnliche Gras wird bis zu vier Meter hoch und wächst derzeit auf rund 80 Hektar in Luxemburg.
Auch die Politik zeigt Interesse an dem Elefantengras. Im Januar 2025 empfing Landwirtschaftsministerin Martine Hansen ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Ina Scharrenbach (Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung) zu einem Austausch.
Mit dabei war Prof. Ralph Pude (Lehrstuhl für Nachwachsende Rohstoffe an der Universität Bonn), der mit einer Delegation Luxemburg besuchte. Auch Carlo Posing nahm am Austausch teil. Prof. Pude und andere Forscher befassen sich seit Langem mit Miscanthus.
Diskutiert wurden Themen wie Anbau und Vermarktung in Luxemburg, Verwendung als Baustoff, Kreislaufwirtschaft, biobasierte Materialien, praktische Anwendungen und aktuelle Herausforderungen.
Ministerin Hansen sieht im Elefantengras ein Potenzial zur Diversifizierung der Landwirtschaft. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Lex Delles unterstützt sie Initiativen, um Produktion und Nachfrage durch Pilotprojekte zu steigern und bürokratische Hürden abzubauen – ein Weg, den Posing für sinnvoll und notwendig hält.
Miscanthus bringt zusätzliche Umweltvorteile. Es unterdrückt Unkraut, schützt Nutzpflanzen und ist wind- und erosionsbeständig. Durch seine hohe Wasserhaltefähigkeit verdunstet bei Hitzeperioden weniger Feuchtigkeit.
Miscanthus zersetzt sich natürlich und bereichert den Boden mit Mineralien, sagt Posing beim Blick über eines seiner Felder – ein beliebter Ort für Wildtiere wie Rehe und Wildschweine.
Es gilt als trockener, stabiler Hochleistungsbrennstoff, mit gleichbleibender Qualität und zuverlässiger Versorgung.
„Durch seine Eigenschaften eignet sich Miscanthus ideal für den Einsatz in Rostfeuerungen, die eine effiziente und saubere Verbrennung ermöglichen“, sagt Posing.
Das Material eignet sich für vielfältige Energiebedarfe – von privaten Haushalten über Nahwärmenetze bis zu großen Industrieanlagen. Mit Miscanthus setzen Unternehmen auf ambitionierte regionale Projekte und fördern die Energiewende mit erneuerbaren, ökologischen Brennstoffen.
Die Kommunikation der Vorteile ist jedoch nicht immer einfach.
„Landwirtschaft und Industrie müssen zusammenarbeiten“, betont Posing und verweist auf die Bioökonomie – ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell, das biologische Ressourcen wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen nutzt.
Schon bei der Produktion müsse auf Klima-, Boden- und Biodiversitätsschutz geachtet werden.
„Funktionierende Ökosysteme sind die Grundlage der Bioökonomie – und Miscanthus bietet dafür beste Voraussetzungen“, so Posing.
Aber alles müsse genehmigt und zertifiziert sein, betont er – denn Innovationen begegnet man noch mit Skepsis. Deshalb will Posing Vorurteile abbauen und Vertrauen ins Elefantengras aufbauen – auch mit Hilfe der „LUGA – Luxembourg Urban Gardening.“
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